Der Jonkheer de Muralt und der Deichschutz
Als erste Waterschap von Zeeland holte Schouwen einen Ingenieur für Wasserbaukunde aus Delft. Dies war Jonkheer de Muralt, welcher als „Jonkheer Beton“ bekannt wurde und in Erinnerung blieb. Überall wo es möglich war und angebracht erschien arbeitete er mit diesem neuen Material.
Berühmt wurden seine nach ihm benannten Muraltmauern, die auch noch heute auf einigen Deichen zu sehen sind, so z.B. in Scharendijke vom Hafen aus am gesamten Ort vorbei in Richtung Süden.
Die große Zeit für Jonkheer de Muralt kam in Zeeland nach dem großen Orkan vom 12. März 1906.
Die Deiche an der Südseite von Schouwen-Duiveland überfluteten, weil sie zu niedrig angelegt waren. De Muralt hatte damals ein System für die Erhöhung von Deichen entworfen, wobei mit einem Kran Betonmauern aufgestellt wurden und mit speziellen Fußplatten im Deich verankert wurden.
So standen die Mauern fest in einem Fundament und die Deiche konnten auf einfache und kostengünstige Art schnell um einen Meter erhöht werden. Zwar war de Muralt nicht der erste der diese Technik angewendet hatte (in den Niederlanden, in Deutschland und USA wurden auch Betonwehre aufgestellt), jedoch hat er mit seiner Konstruktion erstmalig in so großem Umfang Betonkonstruktionen errichtet.
Innerhalb kürzester Zeit wurde die Art seiner technischen Ausführung bekannt und bereits 1931 waren 42 Polder mit Betonmauern auf den Deichen geschützt, und dies mit einer Gesamtlänge von bereits 115 km. Die hierbei entstandene Kostenersparnis wurde -verglichen mit den früher bekannten Techniken- auf ca. 940.000,-- Gulden errechnet.
Die Entwicklungen des Herrn de Muralt gingen aber noch weiter. Auch die Schrägen der Deiche wurden durch verschiedene Arten von Betonplatten gesichert (so zu sehen bei Scharendijke auf der Innenseite entlang des Ortes), und sogar die Dünen erhielten teilweise Wehranlagen aus Beton. Spektakulär hierbei war die Technik, die schweren Betonplatten an Ort und Stelle zu verbringen. Besondere Flöße wurden gebaut, welche mit den Betonplatten beladen an den Ort der Absicherung gezogen wurden.
Dann klappten die Flöße im Innenteil auf und das Material konnte an den vorbestimmten Platz absinken.
Wie so oft lag auch hier die Stärke in der Einfachheit der Idee.
Viele Deichdurchbrüche entstanden durch Überspülung und Abtragung von der Innenseite her. Dieser Situation konnte man natürlich am besten mit einer Erhöhung der Deiche begegnen. Bei den meisten Deichen war dies technisch mit normalen Mitteln nicht möglich und auch unbezahlbar. Außerdem war eine gleichzeitige Verbreiterung der Deiche nur auf der Innenseite möglich. Es hätte unvorstellbar große Mühe und Kosten bedeutet an den Innenseiten der Deiche Erde anzufüllen und somit Verbreiterungen und Erhöhungen durchzuführen.
Da waren die Betonmauern für viele Waterschappen dann auch die beste Lösung.
Die größten Veränderungen im Deichbau entstanden im 19. Jahrhundert als Ingenieure auf wissenschaftlicher Grundlage erforderliche Höhen und Stärken der Deiche, sowie Strömungen und sonstige Gegebenheiten berechneten.
Auf Basis dieser Ergebnisse wurden die Ufer angepaßt. Dann, im 20. Jahrhundert entstand durch die Mechanisierung vieler Techniken eine weitere Veränderung.
Waren in früheren Zeiten hunderte von Menschen mit dem Deichbau beschäftigt, so ging diese Zahl auf einige wenige Arbeiter zurück. Da hatte man damals nach jedem Sturm mit vielen Menschen, teilweise auch unter extremen Bedingungen, an den Deichen zu arbeiten und es setzten Steinsetzer
Mann für Mann schwere Basaltblöcke auf ihren Bestimmungsplatz, so legte nun ein Kran eine gesamte Palette Betonsteine schnell an Ort und Stelle.
Mit Baggern wurde ein schönes Deichprofil hergestellt, oder es wurden schwere Betonblöcke an ihren Bestimmungsplatz ausgeklinkt und abgeworfen, wo früher Steine Stück für Stück in Handarbeit über Bord geworfen werden mußten.
Nach der großen Flutkatastrophe von 1953 ist die Technik der Schutzarbeiten an den Deichen in Zeeland schneller in Gang gekommen. Alte Deicharbeiter sprechen noch davon, daß sie früher nie einen Bulldozer gesehen hatten und nach 1953 gehörten sie zum täglichen Bild von Schouwen-Duiveland.
Mit Sandsaugern wurde Sand aus dem Seeboden aufgespült. Bulldozer brachten die Deiche dann in die richtige Form, Kräne plazierten die Deichsteine, mit Kabelbahnen wurden große Blöcke in Deichlöcher abgeworfen und vorgefertigte Platten schlossen in kürzester Zeit gewaltige Löcher.
Innerhalb nur weniger Jahre erhielt Zeeland so die besten und modernsten Deichanlagen.
In der niederländischen Sprache abgefassten Originalbroschüre können Sie sich anhand der Bilder zu den einzelnen Abschnitten einen guten Überblick verschaffen.
Aus einer Broschüre der Waterschap auf Anfrage hin übersetzt. 2002 Alfred , Kerkwerve-Natuur